Frau Stephanie Rothenburg-Unz vermißt in dem von der Landesregierung
vorgelegten Bericht zur
Landesjugendhilfeplanung
(differenzierte) Aussagen zum Thema "ausländische Jugendliche" und wendet sich
insbesondere dagegen, ausländische Jugendliche generell unter dem
Stichwort "Benachteiligte" zu
subsumieren und dabei deren jeweilige Lebenszusammenhänge (Familie,soziale Lage,
Stadtteil, Schule u.a.) außer acht zu lassen.
Allein auf das
Kriterium nichtdeutscher
Herkunft abzustellen und allein daraus eine Benachteiligung abzuleiten,
zeuge von einem
problematischen Verständnis von Migranten; vielmehr müßten deren
soziale Kompetenzen und
Erfahrungen, kulturelle Kompetenzen und Erfahrungen sowie deren potentielle
Zweisprachigkeit und Kulturoffenheit als eine Chance dargestellt und
begriffen werden.
Hinsichtlich der Zusammensetzung der nichtdeutschen Wohnbevölkerung und
hier insbesondere
der jugendlichen Ausländer sei eine außerordentlich differenzierte Betrachtungsweise
erforderlich. Während der
Ausländeranteil an der Wohnbevölkerung in Schleswig-Holstein bei durchschnittlich 4
%, in den kreisfreien Städten bei ungefähr 8 % liege, sei der Anteil
von Jugendlichen
nichtdeutscher Herkunft fast doppelt so hoch und betrage in Kiel zwischen
11 und 15 %.
Um so
wichtiger sei es, auch die ausländische Bevölkerung und hier
insbesondere die
ausländischen Jugendlichen in (kommunale) Arbeit und Planung einzubeziehen, was
jedoch im politischen
Bereich und - vielleicht unbewußt - auch im kulturellen Bereich bedauerlicherweise
nicht geschehe. Das Demokratiekonzept für die Jugend, die
Partizipation ausländischer
Jugendlicher - der Kieler Ausländeranteil betrage in Schulklassen immerhin
bis zu 20 %, in
manchen Jugendzentren sogar bis zu 50 % - würden aber durch eine
Ausgrenzung im politischen
Bereich konterkariert.
Folge des Versagens von politischen Rechten
für Ausländer seien
Frustration, Resignation und Abwehr.
Im Kern gehe es
um die grundsätzliche Frage: Integration oder Assimilation von
Ausländern?
Wenn man sich
im Sinne einer pluralistischen Gesellschaftsauffassung für den Weg
der Integration
entscheide, müsse an folgenden Punkten angesetzt werden: Integration
von Ausländern in
den Arbeitsmarkt und insbesondere Integration ausländischer Jugendlicher
in den
Ausbildungsplatzmarkt - in Kiel seien nur 5 % der öffentlich Bediensteten, gar
nur 4 % der
Auszubildenden nichtdeutscher Herkunft, während 20 % der Ausländer arbeitslos
seien -, Förderung von
muttersprachlicher Erziehung in Schule und Kindergarten und
Unterstützung von
nichtchristlichen Religionen beziehungsweise nicht Mehrheitsreligionen, Angebote
für ausländische
Familien, Einbeziehung der nichtdeutschen Bevölkerungsgruppe in Kulturaustauschprogramme
mit den Ostseeanrainerstaaten.
Auf Fragen von
Abg. Aschmoneit-Lücke teilt Frau Rothenburg-Unz mit im
Kindertagesstättenbereich werde das Konzept der interkulturellen Erziehung praktiziert
und in einer
Kindertagesstätte Doppelsprachigkeit angeboten.
Im Bereich der Jugendarbeit
- wiederum
stadtteilabhängig - sei die Präsenz von ausländischen Jugendlichen stark. Auch
in anderen
Bereichen der Sozialplanung bemühe man sich um eine bessere Integration
von Ausländern.
Abg. Baasch
hält die Forderung von Frau Rothenburg-Unz für
wichtig, als Grundlage zur Verbesserung
der Lebenssituation der ausländischen Bevölkerungsgruppe deren
politische Rechte zu
stärken, und wirft die Frage notwendiger Gesetzesänderungen auf.
Frau Rothenburg-Unz hält es für vordringlich, die bestehende
rechtliche und politische Diskriminierung
der in Deutschland lebenden ausländischen Bevölkerungsgruppe auch
und gerade in der
politischen Jugendarbeit und in den Schulen zu problematisieren.
Es gelte, den
zu beobachtenden
gesellschaftspolitischen Trend in der Haltung gegenüber Ausländern umzukehren und
statt auf Assimilation auf Integration und Pluralismus zu setzen, sprich -
wie gesagt - die
unterschiedlichen Muttersprachen und Traditionen zu fördern, auch die Arbeit
der ausländischen
Vereine zu würdigen und sie in die Jugendarbeit und kulturelle
Arbeit einzubeziehen.